Betriebskosten Abrechnung über 21 Seiten, formell ordnungsgemäß?

Betriebskosten Abrechnung über 21 Seiten und unübersichtlich:Dennoch formell ordnungsgemäß?
Zur formellen Ordnungsmäßigkeit von in einem Mietverhältnis über gewerblich genutzte Räume erteilten Betriebskostenabrechnungen.
BGH, Urteil vom 20.01.2021 – XII ZR 40/20

vorhergehend:
OLG Schleswig, 25.03.2020 – 12 U 142/19
LG Kiel, 12.07.2019 – 13 O 63/19

Sachstand:

  • Die Parteien streiten über die Neuerteilung von Betriebskosten Abrechnung.
  • Das klagende Land (Kläger) mietete im Februar 2010 von der Beklagten ein aus Büroräumen, Archivflächen und Stellplätzen bestehendes Mietobjekt zur gewerblichen Nutzung.
  • Die Mietfläche wurde durch einen Nachtrag zum 1. Februar 2012 geändert; das Mietverhältnis wurde durch einen weiteren Nachtrag bis zum 31. Dezember 2016 befristet.
  • Die Beklagte erteilte für die Jahre 2012 bis 2015 jeweils im Folgejahr Nebenkostenabrechnungen, die sämtlich mit Guthabenbeträgen zugunsten des Klägers abschlossen.
  • Der Kläger hält die erteilten Abrechnungen für formell nicht ordnungsgemäß und materiell fehlerhaft.
  • Er hat im Dezember 2017 Klage auf Neuerteilung der Abrechnungen erhoben, die das Landgericht abgewiesen hat. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt er sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

  • Die erteilten Abrechnungen wiesen keine formellen Mängel auf. Auch wenn die Aufteilung des Mietobjekts in drei Einzelobjekte die Abrechnungen unübersichtlich mache, seien die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erforderlichen Mindestangaben darin enthalten.
  • Vorliegend seien die jeweilige Gesamtfläche und die Bezugsdaten als „Gesamtanteile“ angegeben. Diese bezögen sich hinsichtlich der laufenden öffentlichen Lasten des Grundstücks auf die gesamte Fläche des Büroobjekts, die durch An und Umbauten teilweise auch innerhalb des Abrechnungsjahres variiere. Es reiche aus, dass dem Kläger zumindest aus der entsprechenden Regelung im Mietvertrag bekannt gewesen sei, dass er unterschiedliche Flächenarten gemietet habe. Eine Änderung der Mietfläche ergebe sich aus dem 1. Nachtrag, weitere Angaben zur Gesamtfläche habe er von der Beklagten gesondert erhalten. Zwar werde insofern nicht jeder Rechenschritt in den Nebenkostenabrechnungen erklärt, der jeweils zugrunde gelegte Anteil sei jedoch rechnerisch nachvollziehbar. Die für weitere Umlageschlüssel niedrigeren Gesamtanteile folgten daraus, dass nicht alle Flächen zu 100 % gewertet worden seien, wie sich aus dem den Abrechnungen beiliegenden Infoblatt ergebe. Dort werde beispielsweise aufgeführt, dass Lager- und Leerstandsflächen bei der Heizungs- und Warmwasserversorgung nur zu 10 % berücksichtigt würden. Dasselbe gelte für Wasser und Müllentsorgung.
  • Wie der Bundesgerichtshof zum Wohnraummietrecht entschieden habe, müsse die Flächenermittlung nicht im Einzelnen bereits aus der Nebenkostenabrechnung selbst nachvollziehbar sein. Wie der Vermieter die Flächenangaben ermittelt habe, müsse selbst dann nicht erläutert werden, wenn sich die Flächen seit der letzten Abrechnung verändert hätten. Ob die gesamten Kosten umlagefähig und nicht umlagefähige Kosten zutreffend herausgerechnet worden seien, sei ausschließlich eine Frage der materiellen Richtigkeit, die nur mittels Einsicht in die Belege überprüft werden könne.

Die genannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gelte gleichermaßen für gewichtete Gesamtflächen. Auch insoweit müsse der Mieter zur Prüfung der materiellen Richtigkeit von Nebenkostenabrechnungen Nachfragen stellen und weitere Belege verlangen. Der Kläger habe dementsprechend auch nachgefragt, worauf ihm von der Beklagten entsprechende Auskunft erteilt worden sei. Das Verlangen einer mit erheblichem Aufwand verbundenen vollständigen Neuberechnung, obwohl nur einzelne Rechenschritte fehlten, verstoße zudem gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB.

Dass die verwendete Einheit hinsichtlich Müllabfuhr und anderen Nebenkosten mit dem nicht erläuterten Kürzel „ST“ bezeichnet sei, führe nicht zu einem formellen Mangel. Denn im beigefügten Infoblatt sei hinsichtlich der Müllentsorgung ausführlich erläutert, wie sich der Anteil abstrakt berechne. Dem Kläger sei bewusst gewesen, dass es sich bei der Bezugsgröße „ST“ um einen modifizierten Flächenschlüssel handele. Auch der Umlageschlüssel „Anteil Beleuchtung“ sei rechnerisch nachvollziehbar, dieser Umlageschlüssel werde im Infoblatt ausführlich erläutert.

Ein Anspruch auf Neuerteilung der Nebenkostenabrechnungen trotz deren formeller Ordnungsmäßigkeit ergebe sich auch nicht aus Treu und Glauben gemäß § 242 BGB. Ein solcher Anspruch bestehe nur ausnahmsweise. Er setze voraus, dass die betreffende Abrechnung in allen Einzelpositionen an einem schwerwiegenden Mangel leide und der Mieter sich die Daten nicht selbst verschaffen könne, was hier nicht substantiiert dargelegt worden sei. Die vom Kläger vorgenommenen Korrekturrechnungen zeigten, dass ihm genügend Informationen vorlägen.

Dass in den Betriebskosten Abrechnung nicht erläutert worden ist, wie die zugrunde gelegten Flächen berechnet worden sind, begründet keinen formellen Mangel.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt eine Betriebskosten Abrechnung den an sie in formeller Hinsicht zu stellenden Anforderungen, wenn sie den allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB entspricht, also eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthält. Soweit keine besonderen Abreden getroffen sind, sind in die Abrechnung als Mindestangaben eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug der geleisteten Vorauszahlungen aufzunehmen (st. Rspr., vgl. BGH Urteil vom 29. Januar 2020 – VIII ZR 244/18 – NJW-RR 2020, 587 Rn. 8 mwN).
An die ABetriebskostenabrechnung sind dabei in formeller Hinsicht keine zu hohen Anforderungen zu stellen (BGH Urteil vom 20. Januar 2016 – VIII ZR 93/15 – NJW 2016, 866 Rn. 13 mwN). Insbesondere genügt es, dass sich einzelne Angaben etwa zum Umlageschlüssel dem Vertrag oder den Nebenkostenabrechnungen beigefügten Erläuterungen entnehmen lassen (vgl. BGH Urteil vom 29. Januar 2020 – VIII ZR 244/18 – NJW-RR 2020, 587 Rn. 13 f.). Ob die der Abrechnung zugrunde gelegten unterschiedlichen Bezugspunkte für die einzelnen Nebenkosten maßgeblich sind und ob die insoweit angesetzten Flächenangaben zutreffen, berührt dagegen nicht die Wirksamkeit, sondern allein die Richtigkeit der Abrechnung (BGH Urteil vom 23. Juni 2010 – VIII ZR 227/09 – NJW 2010, 3228 Rn. 14 mwN).

Ein nach diesen Grundsätzen vorliegender formeller Fehler führt schließlich nur dann zur Unwirksamkeit der Betriebskosten Abrechnung insgesamt und zu einem Anspruch auf Neuerteilung, wenn er sich durchgängig durch die gesamte Abrechnung zieht. Betrifft er nur einzelne Kostenpositionen, bleibt die Abrechnung im Übrigen unberührt, wenn die jeweiligen Einzelpositionen unschwer herausgerechnet werden können (vgl. BGH Urteil vom 11. August 2010 – VIII ZR 45/10 – NJW 2010, 3363 Rn. 14 mwN).

Diese Maßstäbe gelten grundsätzlich auch im Gewerberaummietrecht (vgl. Guhling/Günter/Both Gewerberaummiete 2. Aufl. § 556 BGB Rn. 75 ff.).

Allerdings enthalten die betreffenden Betriebskosten Abrechnung mit dem nicht erläuterten und nicht ohne weiteres verständlichen Kürzel „ST“ eine für sich genommen nicht nachvollziehbare Bezeichnung des Umlageschlüssels. Die Revision macht zudem geltend, dass das Kürzel nicht nur auf einen einzigen, sondern auf für einzelne Nebenkostenarten jeweils verschiedene Umlageschlüssel verweist.

Das Berufungsgericht ist dennoch zutreffend davon ausgegangen, dass die für die formelle Ordnungsmäßigkeit erforderliche Nachvollziehbarkeit der Nebenkostenabrechnungen in zulässiger Weise durch das diesen jeweils beigefügten Infoblatt hergestellt wird.
Aus den durch das Infoblatt erläuterten Nebenkostenabrechnungen wird mithin insgesamt hinreichend deutlich, dass das Kürzel „ST“ auf die vom allgemeinen (Flächen-)Maßstab („M2“) abweichende Umlage der im beigefügten Infoblatt einzeln aufgeführten Nebenkostenarten nach dem für diese jeweils besonders genannten Maßstab hinweist. Die erforderliche Nachvollziehbarkeit ist mithin gegeben.
Ob auch die Aufteilung des Mietobjekts in drei Abrechnungseinheiten den an die Nachvollziehbarkeit zu stellenden Anforderungen genügt (vgl. BGH Urteil vom 29. Januar 2020 – VIII ZR 244/18 – NJW-RR 2020, 587 Rn. 14), kann im Ergebnis offenbleiben.

Quelle: BGH, Urteil vom 20.01.2021 – XII ZR 40/20

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