Kurzfristige Energiesparmaßnahmen bis 15. April 2023 verlängert

Kurzfristige Energiesparmaßnahmen bis 15. April 2023 verlängert

Es besteht weiterhin Bedarf zur Verringerung des Energieverbrauchs. Denn die früheren russischen Energielieferungen können noch nicht vollständig durch andere Lieferquellen und erneuerbare Energien ersetzt werden. Auch wenn die Gasspeicher aktuell gut gefüllt sind, ist eine Notsituation nicht vollständig auszuschließen.

Deshalb hat das Kabinett die Verlängerung der kurzfristig wirksamen Energiesparmaßnahmen bis zum 15. April 2023 beschlossen. Die Regelungen der Energiespar-Verordnung sind bislang bis zum 28. Februar befristet.
Der Bundesrat hat der Verlängerung zugestimmt.

Zu den Kurzfristmaßnahmen zählen unter anderem
die Absenkung der Mindestraumtemperatur in Arbeitsstätten um ein Grad Celsius und Festlegung der Höchsttemperatur in öffentlichen Arbeitsstätten auf 19 Grad sowie das Heizverbot für private Swimmingpools.

Weniger Bürofläche heizen und Warmwasser abschalten

In Arbeitsstätten wird die Mindestraumtemperatur um ein Grad Celsius abgesenkt. In öffentlichen Arbeitsstätten ist dies zugleich die Höchsttemperatur. Erlaubt sind maximal 19 Grad. Gemeinschaftsflächen, an denen sich nicht dauerhaft Personen aufhalten, dürfen nicht mehr beheizt werden.

Warmwasser soll dort, wo es lediglich dem Händewaschen dient, abgeschaltet werden oder die Temperatur auf das hygienische Mindestmaß abgesenkt werden.

Beleuchtung von Gebäuden, Denkmälern und Werbung einschränken

Die Nutzung von leuchtenden beziehungsweise lichtemittierenden Werbeanlagen wird für bestimmte Zeiten (22:00 bis 06:00 Uhr des Folgetages) untersagt. Damit wird vor allem im Gewerbe-, Handel und Dienstleistungssektor unnötiger Energieverbrauch reduziert.

Die Beleuchtung öffentlicher Nichtwohngebäude und Baudenkmäler wird verboten, soweit sie nicht zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit oder zur Abwehr anderer Gefahren erforderlich ist.

Die Regelungen gelten seit dem 1. September 2022 und waren bislang bis zum 28. Februar 2023 befristet. Weitere Klarstellungen und Anpassungen hat das Kabinett am 28. September in einer Änderungsverordnung beschlossen. Diese ist am 1. Oktober in Kraft getreten.

Quelle: Beschluss des Bundesrates 10.02.2023
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Gaskrise: Vorschüsse der Wohnungseigentümer-gemeinschaft erhöhen?

  • Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat bei der Festlegung der künftig zu zahlenden Vorschüsse einen gewissen Spielraum. Auch die Gaskrise kann daher grundsätzlich als Begründung einer begrenzten Anhebung der Vorschüsse herangezogen werden.
  • Eine 100%-ige Anhebung der Vorschüsse für die Heizkosten ohne ausreichend fundierte Erkenntnisse dahingehend, dass tatsächlich mit einer derartigen Ansteigung zu rechnen ist, ist sachlich aber ungerechtfertigt.
  • Der Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft über den Wirtschaftsplan ist bezüglich der Position „Gaskosten“ ungültig, wenn wegen der Gaskrise die Vorschüsse pauschal verdoppelt werden sollen.

    So das AG Langen, Urteil vom 13.01.2023 – 56 C 182/22 (nicht rechtskräftig)

§ 19 WEG Regelung der Verwaltung und Benutzung durch Beschluss
„(1) Soweit die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und die Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums nicht durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer geregelt sind, beschließen die Wohnungseigentümer eine ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung.
(2) Zur ordnungsmäßigen Verwaltung und Benutzung gehören insbesondere
1. die Aufstellung einer Hausordnung,
2. die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums,
3. die angemessene Versicherung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Neuwert sowie der Wohnungseigentümer gegen Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht,
4. die Ansammlung einer angemessenen Erhaltungsrücklage,
5. die Festsetzung von Vorschüssen nach § 28 Absatz 1 Satz 1 sowie
6. die Bestellung eines zertifizierten Verwalters nach § 26a, es sei denn, es bestehen weniger als neun Sondereigentumsrechte, ein Wohnungseigentümer wurde zum Verwalter bestellt und weniger als ein Drittel der Wohnungseigentümer (§ 25 Absatz 2) verlangt die Bestellung eines zertifizierten Verwalters.“

Quelle: IMR 2023/ 160 AG Langen, Urteil vom 13.01.2023 – 56 C 182/22<
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Entspricht Anbau eines Außenaufzugs Barrierereduzierung §20(2) WEG?

Barrierereduzierung – Anspruch auf Beschlussfassung über den Anbau eines Außenaufzugs in einer Wohnungseigentümergemeinschaft

  • Das Gericht gibt einer zulässigen Beschlussersetzungsklage statt, wenn der vom Kläger begehrte Beschluss im Sinne des Gesetzes „notwendig“ ist.
    Ein Beschluss ist notwendig, wenn der Kläger im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung einen Anspruch auf den Beschluss hat.
  • Für Maßnahmen der Barrierereduzierung, der Elektromobilität, des Einbruchsschutzes und des Glasfaserausbaus braucht es nicht den Willen der Mehrheit.
    Jeder Eigentümer kann sie auf seine Kosten verlangen.
    Derartige Maßnahmen liegen nach Ansicht des Gesetzgebers nicht nur im besonderen Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers, sondern im gesamtgesellschaftlichen Interesse.
  • Barrierereduzierung i.S.v. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG ist weit zu verstehen und erstreckt sich auf alle Maßnahmen, die für eine Nutzung durch körperlich oder geistig eingeschränkte Personen auch nur förderlich sind. Auf die individuelle Betroffenheit des Wohnungseigentümers, seiner Angehörigen oder Mieter kommt es nach dem Willen des Gesetzgebers nicht an.
    Barrierereduzierende Maßnahmen können anlasslos verlangt werden.
    Damit soll einerseits Streitigkeiten über die Notwendigkeit im Einzelfall vermieden und andererseits dem gesamtgesellschaftlichen Bedürfnis nach barriereduziertem Wohnraum Rechnung getragen werden.
  • Hinter dem Verbot der grundlegenden Umgestaltung i.S.v. § 20 Abs. 4 WEG liegt der Gedanke, dass der Zustand des gemeinschaftlichen Eigentums wegen der Beschlusskompetenz des § 20 Abs. 1 WEG zwar nicht mehrheitsfest ist, es aber einen Kernbereich gibt, den jeder Wohnungseigentümer auch gegen den Willen der Mehrheit verteidigen kann. Unter den Begriff der grundlegenden Umgestaltung kann der Anbau eines Außenaufzugs etwa dann subsumiert werden, wenn dadurch die Fassade eines Stuckaltbaus zerstört oder erheblich umgestaltet wird.

So das
LG München I, Urteil vom 08.12.2022 – 36 S 3944/22 WEG

vorhergehend:
AG München, 10.02.2022 – 1294 C 13970/21

§ 20 BGB Bauliche Veränderungen
„(1) Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen (bauliche Veränderungen), können beschlossen oder einem Wohnungseigentümer durch Beschluss gestattet werden.
(2) Jeder Wohnungseigentümer kann angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die
1. dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen,
2. dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge,
3. dem Einbruchsschutz und
4. dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität

dienen. Über die Durchführung ist im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu beschließen.
(3) Unbeschadet des Absatzes 2 kann jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass ihm eine bauliche Veränderung gestattet wird, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, einverstanden sind.
(4) Bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen, dürfen nicht beschlossen und gestattet werden; sie können auch nicht verlangt werden.“

Quelle: LG München I, Urteil vom 08.12.2022 – 36 S 3944/22 WEG
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Bundestag beschließt Strom- und Gas Preisbremsen

Die von den Koalitionsfraktionen ins Auge gefassten Preisbremsen für Gas, Wärme und Strom können nach dem Willen der Bundestagsmehrheit nun greifen.

  • Eine Gesetzentwurf „zur Einführung von Preisbremsen für leitungsgebundenes Erdgas und Wärme und zur Änderung sonstiger Vorschriften“ (20/4683)
  • Einen Gesetzentwurf „zur Einführung einer Strompreisbremse und zur Änderung weiterer energierechtlicher Bestimmungen“ (20/4685).

Kontingent für Erdgas- und Wärmeverbrauch

Die Entlastung bestimme sich nach einem Kontingent des Erdgas- und Wärmeverbrauchs zu einem vergünstigten Preis. Kleine und mittlere Letztverbraucher mit Standardlastprofil oder Kunden, insbesondere Bürgerinnen und Bürger sowie kleine und mittlere Unternehmen, sollen von ihren Lieferanten 80 Prozent ihres Erdgasverbrauchs zu 12 Cent je Kilowattstunde beziehungsweise 80 Prozent ihres Wärmeverbrauchs zu 9,5 Cent je Kilowattstunde erhalten.

Industriekunden sollen von ihren Lieferanten 70 Prozent ihres Erdgasverbrauchs zu 7 Cent je Kilowattstunde oder 70 Prozent ihres Wärmeverbrauchs zu 7,5 Cent je Kilowattstunde erhalten.

Einführung einer Strompreisbremse

Durch die Strompreisbremse sollen Stromverbraucherinnen und Stromverbraucher bis zum 30. April 2024 bei den Strompreisen entlastet werden (20/4685). Auch wenn die Großhandelspreise für Strom zuletzt zurückgegangen seien, verblieben die Strompreise in Deutschland und Europa weiterhin auf einem deutlich höheren Niveau als vor der Krise, wird zur Begründung angeführt.
Zugleich sorgten die anhaltend hohen Börsenstrompreise auch für einen Anstieg anderer Strompreisbestandteile.

Im Einzelnen soll die Entlastung wie folgt ausgestaltet sein:

Die Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft, deren vertragliche Strompreise bereits jetzt oder über den Umsetzungszeitraum des Gesetzes hinweg über einer gesetzlich definierten Höhe liegen, sollen durch ein Basispreiskontingent bei ihrem Stromverbrauch entlastet werden, indem jede Stromentnahmestelle eine bestimmte Strommenge zu einem vergünstigten Preis erhält.
Haushalte und Kleingewerbe (Entnahmestellen mit einem Verbrauch von bis zu 30.000 Kilowattstunden – kWh) erhalten ein auf 40 Cent/kWh (inklusive Netzentgelten, Steuern, Abgaben und Umlagen) gedeckeltes Kontingent in Höhe von 80 Prozent ihres historischen Netzbezuges.
Entnahmestellen mit mehr als 30.000 kWh Jahresverbrauch, also insbesondere mittlere und große Unternehmen, erhalten ein auf 13 Cent/kWh (zuzüglich Netzentgelte, Steuern, Abgaben und Umlagen) gedeckeltes Kontingent in Höhe von 70 Prozent ihres historischen Netzbezuges. Um den Elektrizitätsversorgungsunternehmen ausreichend Zeit für die Implementierung der Strompreisbremse zu geben, erfolge die Auszahlung der Entlastungsbeträge für Januar und Februar 2023 im März 2023.
Entlastung von industriellen Unternehmen

Boni- und Dividendenverbot

Gemäß Paragraf 29a (Gaspreisbremse) beziehungsweise 37a (Strompreisbremse), darf ein Unternehmen, das eine Entlastungssumme über 25 Millionen Euro bezieht, den Mitgliedern seiner Geschäftsführung sowie Mitgliedern von gesellschaftsrechtlichen Aufsichtsorganen bis zum Ablauf des 31. Dezember 2023 keine Boni oder vergleichbare Vergütungen im Sinn des Paragrafen 87 Absatz 1 Satz 1 des Aktiengesetzes gewähren darf. Weiterhin dürfen jenen Personen vom 1. Dezember 2022 bis zum 31. Dezember 2023 keine freiwilligen Vergütungen oder Abfindungen gewährt werden

Quelle: Bundestag
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3.000 € Geldbuße wegen Mietwucher?

Mietpreisüberhöhung führte zu 3.000 Euro Geldbuße!

Das Amtsgericht Frankfurt am Main hatte den Beklagten wegen vorsätzlichen Vereinnahmens einer unangemessenen hohen Miete unter Ausnutzung des in Frankfurt am Main herrschenden Mietwohnungsangebotes zu einer Geldbuße von 3.000,00 Euro verurteilt. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit seiner veröffentlichten Entscheidung die Verurteilung durch das Amtsgericht bestätigt.

Der Fall:

  • Der Betroffene ist Eigentümer einer 33,1 qm großen Einzimmerwohnung mit Kochnische, fensterlosem Bad/WC, Flur und Balkon in Frankfurt am Main/Nied.
  • Er vermietete diese teilmöblierte Wohnung für 550,00 Euro/Monat kalt zzgl. Nebenkosten von 180,00 Euro/Monat.
  • Auf Anzeige des Mieters ermittelte das Amt für Wohnungswesen wegen des Verdachts der Mietpreisüberhöhung.
  • Gegen den Betroffenen erging wegen des vorsätzlichen Vereinnahmens eines unangemessen hohen Entgelts unter Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbarem Wohnraum ein Bußgeldbescheid (§ 5 WiStrG).
  • Es wurde eine Geldbuße in Höhe von 3.000,00 Euro festgesetzt und die Abführung des aus der überhöhten Miete erzielten Mehrerlöses von 1.180,00 Euro angeordnet.
  • Das Amtsgericht hatte nach Einspruch den Bußgeldbescheid bestätigt. Unter Berücksichtigung eines angemessenen Aufschlags auf die ortsübliche Vergleichsmiete im Hinblick auf Umfang und Qualität der mit vermieteten Möbel sei von einer ortsüblichen Gesamtmiete in Höhe von 379,00 Euro auszugehen.
  • Das geringe Wohnraumangebot in Frankfurt am Main sei sachverständig bestätigt worden. Demnach sei spätestens seit Beginn der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts von einem geringen Angebot an Wohnungen auszugehen. Dies ergebe sich u.a. aus der Zahl der gemeldeten Wohnungssuchenden, dem Umstand, dass die Marktmiete um etwa 15% über der örtlichen Vergleichsmiete liege und der Zahl der von der Stadt vorübergehend wegen Wohnungslosigkeit untergebrachten Personen.

Der Betroffene habe diese Wohnsituation durch das Fordern eines unangemessen hohen Mietzinses ausgenutzt. Unangemessen sei eine Miete, die um mehr als 20 Prozent über dem üblichen Entgelt liege. Der Betroffene habe die Marktsituation auch ausgenutzt. Der Mieter hatte neun Monate lang eine Wohnung gesucht. Er sei auf die Wohnung angewiesen gewesen, da er in dem bislang bewohnten WG-Zimmer nicht mit seiner Freundin zusammenwohnen konnte. Er sei bei etwa 10 besichtigten Wohnungen als Mieter abgelehnt worden. Der Betroffene habe auch vorsätzlich gehandelt. Ihm sei der Mietspiegel seinen eigenen Angaben nach bekannt gewesen.

Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung wies nach Ansicht des OLG keine Rechtsfehler auf.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

§ 5 WirtschaftsstrafG Mietpreisüberhöhung
„(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig für die Vermietung von Räumen zum Wohnen oder damit verbundene Nebenleistungen unangemessen hohe Entgelte fordert, sich versprechen lässt oder annimmt.
(2) Unangemessen hoch sind Entgelte, die infolge der Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen die üblichen Entgelte um mehr als 20 vom Hundert übersteigen, die in der Gemeinde oder in vergleichbaren Gemeinden für die Vermietung von Räumen vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage oder damit verbundene Nebenleistungen in den letzten sechs Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen der Betriebskosten abgesehen, geändert worden sind. Nicht unangemessen hoch sind Entgelte, die zur Deckung der laufenden Aufwendungen des Vermieters erforderlich sind, sofern sie unter Zugrundelegung der nach Satz 1 maßgeblichen Entgelte nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung des Vermieters stehen.
(3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.“

Quelle: OLG Frankfurt, Beschluss vom 01.11.2022 – 3 Ss-OWi 1115/22
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Kann eine Änderung des Verteilingsschlüssels §16 (2) WEG rückwirkend beschlossen werden?

  • Umlagebeschlüsse, gestützt auf § 16 Abs. 2 S. 2 WEG n.F., sind nur dann ordnungsmäßig, wenn sie für die Zukunft wirken sollen.
  • Soll eine Kostenregelung aber gleichwohl für einen noch nicht abgeschlossenen Vorgang gelten, ist eine Rückwirkung jedenfalls dann hinzunehmen, wenn sich bei typisierender Betrachtung noch kein schutzwürdiges Vertrauen herausgebildet hat.
  • Bei der Bestimmung dessen, was im Rahmen einer Kostenverteilungsregelung „grob unbillig“ ist bzw. zu einem besonders auffälligen Missverhältnis führt, reicht eine bloße Mehrbelastung einzelner oder mehrerer Eigentümer gegenüber anderen Wohnungs- oder Teileigentümern nicht aus; diese Ausnahmekonstellation ist vielmehr nur auf solche Fälle begrenzt, in denen das Mehrfache dessen zu zahlen ist, was bei sachgerechter Kostenverteilung zu zahlen wäre.
  • Einem Beschluss fehlt die notwendige Bestimmtheit, wenn er keine sinnvolle, in sich geschlossene und verständliche Regelung enthält, weswegen er so ausführlich wie nötig beschreiben muss, was gelten soll.
  • Es entspricht nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, eine Sanierungsmaßnahme zu beschließen, ohne sich vorab eine ausreichende Tatsachengrundlage über die Notwendigkeit der Maßnahme verschafft zu haben.

So das AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 19.08.2022 – 980b C 1/22 WEG

„Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung Diese Beschlüsse, die (abgeänderte) Kostenverteilungsregelungen bzw. Verteilungsschlüssel „mit Wirkung ab 01.01.2021“ festlegen, beinhalten eine unzulässige Rückwirkung. Im Grundsatz gilt, dass Umlagebeschlüsse, gestützt auf § 16 Abs. 2 S. 2 WEG n.F. – wie schon nach früherer Rechtslage (vgl. nur BGH, NJW 2011, 2202, 2203, Tz. 10 ff. = ZMR 2011, 652 zu § 16 Abs. 3 WEG a.F.) -, nur dann ordnungsmäßig sind, wenn sie für die Zukunft wirken sollen (vgl. etwa Bartholome, in: BeckOK-WEG, 49. Ed. 1.7.2022, § 16, Rn. 157; Elzer, in: Skauradszun/Elzer/Hinz/Riecke, Die WEG-Reform 2020, 2021, § 13, Rn. 34; Elzer, ZWE 2021, 297, 307). Soll eine Kostenregelung – wie vorliegend – aber gleichwohl für einen noch nicht abgeschlossenen Vorgang (Abrechnungsjahr 2021) gelten, ist eine Rückwirkung jedenfalls dann hinzunehmen, wenn sich bei typisierender Betrachtung noch kein schutzwürdiges Vertrauen herausgebildet hat (BGH, NJW 2010, 2654, 2655, Tz. 11 = ZMR 2010, 775).
Das kann etwa der Fall sein, wenn der in der Teilungserklärung festgelegte Schlüssel von Beginn an nicht angewandt worden ist und die nunmehr beschlossene Kostenregelung der jahrelangen Übung in der Gemeinschaft entspricht (vgl. LG Hamburg, ZWE 2013, 453, 454 = ZMR 2013, 465; LG Rostock, ZWE 2021, 287, 290, Rn. 49 = ZMR 2021, 63).

Ein schutzwürdiges Vertrauen hat sich im Übrigen etwa auch dann nicht herausgebildet, wenn für das laufende Wirtschaftsjahr kein auf der Grundlage des alten Schlüssels aufbauender Wirtschaftsplan beschlossen worden ist und die Abrechnung noch in der Schwebe ist; allein der Umstand, dass Vorschüsse auf der Grundlage des alten Verteilungsschlüssels erhoben worden sind, vermag kein schutzwürdiges Vertrauen zu begründen (siehe BGH, NJW 2010, 2654, 2655, Tz. 11 = ZMR 2010, 775).

Da auch in bereits abgeschlossene Abrechnungszeiträume dann ausnahmsweise rückwirkend durch eine geänderte Kostenverteilungsregelung eingegriffen werden darf, wenn besondere Umstände vorliegen, etwa weil der bisherige Schlüssel unbrauchbar oder in hohem Maße unpraktikabel ist oder dessen Anwendung zu grob unbilligen Ergebnissen führt, gilt dies erst Recht für Vorgänge, die – wie hier – noch nicht abgeschlossen sind (Elzer, ZWE 2021, 297, 307).“

Quelle: IMRRS 2022, 1524 Entscheidung im Volltext
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Energiepreisbremsen – Preisdeckel für Strom und Gas

Die Bundesregierung hat Gesetzentwürfe für die Energiepreisbremsen beschlossen.
Privathaushalte und Unternehmen sollen mit einer günstigeren Basisversorgung von den stark gestiegenen Energiekosten entlastet werden.

  • Energiepreisbremsen für leitungsgebundenes Erdgas und Wärme

    Für Bürgerinnen und Bürger sowie kleine und mittlere Unternehmen gilt die Gaspreisbremse ab März 2023 und umfasst auch rückwirkend die Monate Januar und Februar. Das bedeutet, dass ein Kontingent von 80 Prozent ihres Erdgasverbrauchs zu 12 Cent je Kilowattstunde gedeckelt wird, es dafür also einen Rabatt im Vergleich zum Marktpreis gibt. Für Fernwärme beträgt der gedeckelte Preis 9,5 Cent je Kilowattstunde. Für den restlichen Verbrauch muss der normale Marktpreis gezahlt werden. Deshalb lohnt sich Energiesparen auch weiterhin. Entscheidend für die Höhe des Kontingents ist der im September 2022 prognostizierte Jahresverbrauch für 2023.

    Im März werden diese Verbraucherinnen und Verbraucher zusätzlich einmalig einen rückwirkenden Entlastungsbetrag für die Monate Januar und Februar erhalten.

    Für Mieterinnen und Mieter gilt, dass ihre Vermieter oder Vermieterinnen die erhaltenen Entlastungen im Rahmen der Betriebskostenabrechnung weitergeben müssen. In bestimmten Konstellationen bedeutet dies eine Senkung der festgelegten Betriebskostenvorauszahlung.

    Um den Zeitraum bis zur Gaspreisbremse zu überbrücken, übernimmt der Bund zudem den Dezember-Abschlag für private Haushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen.

  • Energiepreisbremse für den Strompreis
    Auch die Strompreisbremse soll die steigenden Energiekosten für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen abfedern. Sie deckelt den Strompreis für Haushalte und Kleingewerbe mit einem jährlichen Verbrauch von bis zu 30.000 Kilowattstunden auf 40 Cent pro Kilowattstunde.
    Das gilt für ein Kontingent in Höhe von 80 Prozent des historischen Verbrauchs, also in der Regel des Vorjahresverbrauchs.

    Für mittlere und große Unternehmen mit mehr als 30.000 Kilowattstunden Jahresverbrauch liegt der Preisdeckel bei 13 Cent pro Kilowattstunde – zuzüglich Netzentgelte, Steuern, Abgaben und Umlagen. Das gilt für ein Kontingent in Höhe von 70 Prozent ihres historischen Verbrauchs.

    Oberhalb des jeweils rabattierten Kontingents fallen die üblichen Strompreise an. Energiesparen lohnt sich also weiterhin.

Quelle: Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Preisbremsen für leitungsgebundenes Erdgas und Wärme und zur Änderung weiterer Vorschriften
Sicher durch den Winter – Zwischenberich
Preisdeckel für Strom und Gas
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Kohlendioxidabgabe bei Mietwohnungen wird künftig aufgeteilt.

Mieter müssen künftig die Kohlendioxidabgabe (CO2-Abgabe) für das Heizen mit Öl oder Erdgas nicht mehr allein tragen. Der Bundesrat billigte am 25. November 2022 einen Bundestagsbeschluss zur Aufteilung der Kosten zwischen Vermieter- und Mieterseite nach einem Stufenmodell.
Das Gesetz kann nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Unterschrift vorgelegt werden – es soll zum 1. Januar 2023 in Kraft treten.

Aufteilung nach energetischer Qualität
Künftig werden die Kostenanteile entsprechend dem Kohlendioxidausstoß des Gebäudes pro Quadratmeter Wohnfläche berechnet – sie orientieren sich damit an der energetischen Qualität des Gebäudes.
Je schlechter diese ist, desto höher ist der Anteil des Vermieters.
In der untersten Stufe bei besonders emissionsreichen Gebäuden tragen Vermieter bis zu 95 Prozent der CO2-Abgabe.
Das Gesetz sieht Ausnahmen für besondere Fallgestaltungen vor, zum Beispiel wenn Denkmalschutzvorgaben eine bessere Dämmung der Wohnungen verhindern.
Bei Nichtwohngebäuden gilt zunächst eine hälftige Teilung der Kohlendioxidabgabe (Kohlendioxidkosten) der Vermieterseite.

Quelle: Bundesrat Top 11, Gesetz zur Aufteilung der Kohlendioxidkosten (Kohlendioxid-kostenaufteilungsgesetz – CO2KostAufG)

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Differenzberechnung

BGH Urteil zur Differenzberechnung

„Ist bei einer Wohnungseigentumsanlage mit verschiedenen Ausstattungen zur
Verbrauchserfassung der anteilige Verbrauch einer oder mehrerer Nutzergruppe(n) entgegen § 5 Abs. 2 Satz 1 HeizkostenV aF nicht mit einem separaten Wärmemengenzähler vorerfasst worden, entspricht die Abrechnung der Heizkosten in der Regel dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Ermittlung des Verbrauchs im Wege einer rechnerisch zutreffenden Differenzberechnung unter Berücksichtigung der ermittelten Verbrauchsdaten erfolgt.“

So das BGH, 16.09.2022 – V ZR 214/21

vorhergehend:
LG Düsseldorf, 24.09.2021 – 19 S 29/19
AG Mönchengladbach-Rheydt, 08.02.2019 – 23 C 288/17

§ 5(2) AF Ausstattung zur Verbrauchserfassung
„Wird der Verbrauch der von einer Anlage im Sinne des § 1 Abs. 1 versorgten Nutzer nicht mit gleichen Ausstattungen erfaßt, so sind zunächst durch Vorerfassung vom Gesamtverbrauch die Anteile der Gruppen von Nutzern zu erfassen, deren Verbrauch mit gleichen Ausstattungen erfaßt wird. Der Gebäudeeigentümer kann auch bei unterschiedlichen Nutzungs- oder Gebäudearten oder aus anderen sachgerechten Gründen eine Vorerfassung nach Nutzergruppen durchführen“

Quelle: BGH, 16.09.2022 – V ZR 214/21

Wann gilt eine E-Mail als zugegangen?

Mit der Frage Wann gilt eine E-Mail als zugegangen, hat sich das befaßt.
Wird eine E-Mail im unternehmerischen Geschäftsverkehr innerhalb der üblichen
Geschäftszeiten auf dem Mailserver des Empfängers abrufbereit zur Verfügung gestellt, ist sie dem Empfänger grundsätzlich in diesem Zeitpunkt zugegangen. Dass die E-Mail tatsächlich abgerufen und zur Kenntnis genommen wird, ist für den Zugang nicht erforderlich.

So das BGH, 06.10.2022 – VII ZR 895/21

vorhergehend:
KG, 28.12.2021 – 21 U 1103/20
KG, 30.11.2021 – 21 U 1103/20
LG Berlin, 23.10.2020 – 96 O 37/19

„Der von einem Empfänger für den Empfang von E-Mail-Nachrichten genutzte Mailserver ist jedenfalls dann, wenn der Empfänger durch Veröffentlichung der E-Mail-Adresse oder sonstige Erklärungen im Geschäftsverkehr zum Ausdruck bringt, Rechtsgeschäfte mittels elektronischer Erklärungen in Form von E-Mails abzuschließen, als sein Machtbereich anzusehen, in dem ihm Willenserklärungen in elektronischer Form zugehen können. Elektronische Willenserklärungen in Form von E-Mails werden als Datei gespeichert von dem Mailserver des Absenders an den Mailserver des Empfängers weitergeleitet. Dieser wird über den Eingang der E-Mail unterrichtet. In diesem Zeitpunkt ist der Empfänger in der Lage, die E-Mail-Nachricht abzurufen und auf seinem Endgerät anzeigen zu lassen (vgl. zum technischen Ablauf: Härting, Internetrecht, 6. Aufl., Rn. 671; Redeker, IT-Recht, 7. Aufl. Rn. 925; Krüger/Bütter, WM 2001, 221, 227).“ Zitiernummer 20.

Quelle: BGH, 06.10.2022 – VII ZR 895/21

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