Änderung der Kostenverteilung für Erhaltungsmaßnahmen – Teil 1

Änderung der Kostenverteilung für Erhaltungsmaßnahmen, Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf der Grundlage des im Jahr 2020 reformierten Wohnungseigentumsrechts in zwei Verfahren darüber zu entscheiden, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Wohnungseigentümer für Erhaltungsmaßnahmen eine von der bisherigen Kostenverteilung abweichende Kostentragung zulasten einzelner Wohnungseigentümer beschließen können.

Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf im Verfahren V ZR 81/23

Der Kläger ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Teileigentümer von vier sog. Doppelparkern. Aufgrund eines Defekts der (im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden) Hebeanlage kann in den Doppelparkern nur jeweils ein Fahrzeug abgestellt werden. Im Juni 2021 beschlossen die Wohnungseigentümer eine Änderung der Kostenverteilung, nach der die Kosten für eine Sanierung und Reparatur der (im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Teile der) Doppelparker nicht mehr wie bisher von allen Wohnungseigentümern, sondern ausschließlich von den Teileigentümern der insgesamt zwanzig Doppelparker gemeinschaftlich zu tragen sind.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kläger mit der Anfechtungsklage, die in den Vorinstanzen erfolglos geblieben ist. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, will der Kläger weiterhin erreichen, dass der angefochtene Beschluss für ungültig erklärt wird.

Das Landgericht meint, die Beschlusskompetenz für die Veränderung der Kostenverteilung zulasten der Teileigentümer der Doppelparker ergebe sich aus der mit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes im Jahr 2020 neu gefassten Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG. Danach hätten die Wohnungseigentümer die Kompetenz, durch Beschluss den Kreis der Kostenschuldner verändern und insbesondere auch einzelne Wohnungseigentümer von bestimmten Kosten zu befreien. Die beschlossene Kostenverteilung entspreche auch ordnungsmäßiger Verwaltung; sie trage dem Verursacher- und Nutzerprinzip Rechnung.

Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf im Verfahren V ZR 87/23

Der Kläger ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Eigentümer einer Wohnung im Dachgeschoss. In einer Eigentümerversammlung im August 2021 fassten die Wohnungseigentümer den Beschluss, die (im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden) defekten Dachflächenfenster im Bereich des Sondereigentums des Klägers auszutauschen und dazu eine Fachfirma zu beauftragen. Weiter beschlossen sie, dass der Kläger – abweichend von der bisherigen Regelung – die Kosten des Fenstertausches allein tragen solle.

Mit seiner Anfechtungsklage, die in beiden Vorinstanzen erfolglos war, wendet sich der Kläger gegen die beschlossene Kostenverteilung. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision will er weiterhin erreichen, dass der angefochtene Beschluss für ungültig erklärt wird.

Nach Ansicht des Landgerichts ergibt sich die Beschlusskompetenz für die Veränderung der Kostenverteilung zulasten des Klägers aus § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG. Der Beschluss entspreche auch ordnungsmäßiger Verwaltung. Insbesondere sei es aufgrund der Neufassung des § 16 WEG – anders als nach der bis zum 30. November 2020 geltenden Rechtslage – nicht erforderlich, dass mit der Kostenverteilung in einem Einzelfall zugleich auch eine entsprechende Kostenverteilung für künftige vergleichbare Fälle beschlossen werde. Diesem sog. Grundsatz der Maßstabskontinuität komme erst bei späteren Beschlüssen der Wohnungseigentümer zu gleichgelagerten Fällen Bedeutung zu.

§ 16 WEG lautet:
„Nutzungen und Kosten
(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. […]
(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.
(3)
[…]“

Quelle: Verkündungstermin am 22. März 2024, 9.00 Uhr in Sachen V ZR 81/23 und V ZR 87/23
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