Bauliche Veränderung – erst beschließen lassen!

  • Bauliche Veränderung; Der in der Gemeinschaftsordnung enthaltenen schlichten Verweisung auf die Gesetzeslage oder der bloßen Wiederholung des Gesetzes lässt sich in Ermangelung anderer Anhaltspunkte nicht entnehmen, dass es auch nach einer Gesetzesänderung bei der Anwendung alten Rechts verbleiben soll. Vielmehr ist dies grundsätzlich als dynamische Verweisung auf die jeweils aktuellen gesetzlichen Regelungen zu verstehen.
  • Es ist Sache des Wohnungseigentümers, der eine nicht in der Gemeinschaftsordnung gestattete bauliche Veränderung beabsichtigt, einen Gestattungsbeschluss gegebenenfalls im Wege der Beschlussersetzungsklage herbeizuführen, ehe mit der Baumaßnahme begonnen wird. Handelt er dem zuwider, haben die übrigen Wohnungseigentümer einen Unterlassungsanspruch, der durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ausgeübt wird. Diesem Unterlassungsanspruch kann der bauwillige Wohnungseigentümer nicht unter Berufung auf Treu und Glauben entgegenhalten, dass ihm ein Gestattungsanspruch zusteht.

So das, BGH, Urteil vom 17.03.2023 – V ZR 140/22

vorhergehend:
LG Bremen, Urteil vom 08.07.2022 – 4 S 176/21
AG Bremen, 12.05.2021 – 28 C 48/20

Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin ein Anspruch auf Unterlassung der beabsichtigten baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB schon deshalb zu, weil es an einem gestattenden Beschluss gemäß § 20 Abs. 1 WEG fehlt.
Das Beschlusserfordernis sei weder in der Gemeinschaftsordnung nebst Ergänzung noch durch konkludentes Verhalten der Wohnungseigentümer abbedungen worden. Vielmehr
werde (nur) die auf die jeweils an das Haus anschließende Grundstückshälfte
bezogene Nutzung geregelt und klargestellt, dass sich das Verhältnis der Wohnungseigentümer nach dem Gesetz bestimme.
Auch sei der Bau eines Swimmingpools weder eine Reparatur noch eine Instandsetzung.

§ 10 (1) WEG Allgemeine Grundsätze
„Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.“

§ 20 (1)Bauliche Veränderungen
„Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen (Bauliche Veränderungen), können beschlossen oder einem Wohnungseigentümer durch Beschluss gestattet werden.“

§ 1004 (1) BGB Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch
„Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.“

Quelle: BGH, Urteil vom 17.03.2023 – V ZR 140/22

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