Die Kosten der Fällung eines morschen Baums – Betriebskosten?

„Die Kosten der Fällung eines – wie hier – morschen, nicht mehr standsicheren Baums sind grundsätzlich umlagefähige Kosten der Gartenpflege im Sinne von § 2 Nr. 10 BetrKV.“
So das BGH, Urteil vom 10.11.2021 – VIII ZR 107/20

vorhergehend:

  • LG Hannover, 27.03.2020 – 17 S 1/19
  • AG Neustadt/Rübenberge, 26.11.2018 – 44 C 1219/17

Die Frage, ob zu den Gartenpflegekosten auch diejenigen der Fällung eines (morschen, nicht mehr standsicheren) Baums zählen, hat der Senat bislang noch nicht entschieden (vgl. Senatsbeschluss vom 29. September 2008- VIII ZR 124/08, NZM 2009, 27 Rn. 1 f.) und ist in der Rechtsprechung der Instanzgerichte sowie in der Literatur umstritten.
Teilweise werden Baumfällkosten generell als nicht umlagefähig angesehen, wobei zur Begründung einerseits darauf abgestellt wird, es handele sich nicht um „laufende Kosten“ im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrKV (vgl. LG Berlin, Urteil vom 13. April 2018 – 63 S 217/17, juris Rn. 32; AG Berlin-Schöneberg, Urteil vom 8. Oktober 2009 – 106 C 110/09, juris Rn. 22; LG Krefeld, Urteil vom 17. März 2010 – 2 S 56/09, juris Rn. 32 ff.; AG Potsdam, WuM 2012, 203; AG Hamburg-
Blankenese, ZMR 2015, 135, 136; AG Leipzig, WuM 2020, 643; vgl. auch Bausch, NZM 2006, 366), andererseits (auch) darauf, dass der Vermieter mit der Fällung eines – wie hier – morschen und nicht mehr standfesten Baums lediglich eine ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht erfülle oder einen Mangel der Mietsache beseitige (vgl. AG Köln, WuM 2017, 592 f.; AG Neustadt an der Weinstraße, ZMR 2009, 456; LG Berlin, GE 1988, 355; vgl. auch AG Hamburg, WuM 1989, 641).
Nach anderer Ansicht fallen die Kosten der Fällung eines alters-, krankheits- oder umweltbedingt abgängigen, das heißt allmählich absterbenden, Baums unter die Bestimmung des § 2 Nr. 10 BetrKV, weil die Beseitigung eines solchen Baums zur ordnungsgemäßen Gartenpflege gehöre (LG München I, ZMR 2021, 116 ff.; LG Hamburg, Urteil vom 13. Juli 1989 – 7 S 185/88, juris Rn. 33; AG Hamburg-Wandsbek, ZMR 2014, 804; AG Düsseldorf, WuM 2002, 498; ähnlich auch LG Frankfurt am Main, NZM 2005, 338; Staudinger/Artz, BGB,Neubearb. 2021, § 556 Rn. 35b; Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 14. Aufl., § 556 BGB Rn. 156; Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl., § 556 BGB Rn. 72;Spielbauer/Schneider/Schneider, Mietrecht, 2. Aufl., § 556 BGB Rn. 241; Langenberg/Zehelein, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 9. Aufl., A Rn. 146;
MünchKommBGB/Zehelein, 8. Aufl., BetrKV § 2 Rn. 54).

Dem BGH Urteil zufolge kann hier außerdem von laufenden Kosten gesprochen werden – auch wenn nicht jedes Jahr ein Baum gefällt werde. Denn der Gartenpflege seien „längere, nicht sicher vorherbestimmbare Zeitintervalle immanent“. Die Beseitigung eines Baumes stelle für den Mieter kein völlig unerwartetes Ereignis dar.

Quelle: BGH, Urteil vom 10.11.2021 – VIII ZR 107/20
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