Ist die VDI 2077 Blatt 3.5 bei Wärmemengenzähler anwendbar?

Die Heizkostenverordnung bietet bei hohen Rohrwärmeverlusten lediglich gem. § 7 Abs. 1 Satz 3 die Möglichkeit, den Wärmeverbrauch der Nutzer nach den anerkannten Regeln der Technik zu bestimmen (VDI 2077), auch bei Wärmemengenzähler?
Im Gegensatz zu Heizkostenverteilern ermitteln Wärmemengenzähler die abgegebene Wärmeenergie anhand Volumenstrom sowie der Differenz aus Vor- und Rücklauftemperatur, so dass sie auch den wesentlichen Teil der Rohrwärme erfassen. Damit kommt ein Korrekturverfahren gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV nicht in Betracht. so das
LG Dortmund, Beschluss vom 08.06.2018 – 17 S 33/18

„Zu Recht hat das Amtsgericht festgestellt, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 28.11.2016 zu TOP 5 über die Genehmigung der Gesamt- und Einzelabrechnungen für 2015 in Hinblick auf die angefochtene Position „Heizkosten“ ordnungsgemäßer Verwaltung gemäß § 21 Abs. 4 WEG entspricht.

Dabei ist das Amtsgericht zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass der Vortrag der Klägerin nicht den Schluss zulässt, dass die von der Fa. U abgerechneten Gesamt- bzw. Einzelverbräuche an Heizkosten nicht zutreffend ermittelt worden sind, da die Beklagten die z.T. stark unterschiedlichen Verbräuche in den einzelnen Wohneinheiten plausibel erläutert haben. Zu Recht stellt das Amtsgericht auch fest, dass der Sachverständige H zwar in seinem zur Akte gereichten Gutachten vom 07.01.2015 für das Jahr 2013 festgestellt hat, dass der Wärmeverlust in der Immobilie zu hoch sei. Ungeachtet dessen ist mit dem Amtsgericht davon auszugehen, dass die von der Fa. U gelieferte Wärmemenge tatsächlich verbraucht wurde. Damit besteht eine entsprechende Zahlungsverpflichtung der Eigentümergemeinschaft, so dass der Gesamtbetrag der Rechnung der Fa. U zutreffend in die Abrechnung einzustellen war.

Entgegen der mit der Berufung vorgebrachten Auffassung der Klägerin entspricht auch die Verteilung der Heizkosten in den Jahreseinzelabrechnungen ordnungsgemäßer Verwaltung. Gemäß § 3 S. 1 HeizKVO sind die Vorschriften dieser Verordnung auf Wohnungseigentum anzuwenden unabhängig davon, ob durch Vereinbarung oder Beschluss der Wohnungseigentümer abweichende Bestimmungen über die Verteilung der Kosten der Versorgung mit Wärme und Warmwasser getroffen worden sind.

Demnach sind die Heizkosten gemäß § 7 Abs. 1 S.1 HeizKVO i.V.m. § 14 der Teilungserklärung zu 70% nach Verbrauch und zu 30% nach Wohnflächen zu verteilen. Soweit die Klägerin demgegenüber mit der Berufung einwendet, dass gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 nach dem „erfassten Wärmeverbrauch der Nutzer“ abzurechnen sei, welcher sich auf 74.187,542 kWh belaufe, ist dem insoweit nicht zuzustimmen, als gemäß der zitierten Vorschrift „von den Kosten des Betriebs der zentralen Heizungsanlagen“ bis zu 70% nach „dem erfassten Wärmeverbrauch der Nutzer zu verteilen“ sind. Dem entspricht die angegriffene Heizkostenabrechnung, indem von den Kosten des Betriebs der zentralen Heizungsanlage, welche sich auf die Brennstoffkosten für die insgesamt verbrauchten 114.352,00 kWh belaufen, 70% entsprechend den erfassten Einzelverbräuchen verteilt werden.

Wie das Amtsgericht zutreffend ausführt, ist die von der Klägerin demgegenüber begehrte Verteilung nach Miteigentumsanteilen gesetzlich nicht vorgesehen. Die HeizKVO bietet bei hohen Rohrwärmeverlusten lediglich gemäß § 7 Abs. 1 S. 3 die Möglichkeit, den Wärmeverbrauch der Nutzer nach den anerkannten Regeln der Technik zu bestimmen (= VDI 2077).
Dies kommt jedoch vorliegend nicht in Betracht und zwar unabhängig von der Frage, ob die (analoge) Anwendung des § 7 Abs. 1 S. 3 HeizKVO vorliegend bereits deswegen ausgeschlossen ist, weil es sich um überwiegend ungedämmte, aber nicht freiliegende Leitungen handelt (so BGH, Urteil vom 15.03.2017, VIII ZR 5/16).
Denn vorliegend sind die Kriterien der VDI 2077 bereits deswegen nicht erfüllt, weil in den Wohnungen der Liegenschaft Wärmemengenzähler und nicht Heizkostenverteiler verbaut sind (vgl. Gutachten des Sachverständigen H vom 07.01.2015, S. 23 f.; Mitteilung der U Bl. 114 ff. d.A.). Im Gegensatz zu Heizkostenverteilern ermitteln Wärmemengenzähler die abgegebene Wärmeenergie anhand Volumenstrom sowie der Differenz aus Vor- und Rücklauftemperatur, so dass sie auch den wesentlichen Teil der Rohrwärme erfassen. Damit kommt auch ein Korrekturverfahren gemäß § 7 Abs. 1 S. 3 HeizKVO nicht in Betracht. Im Übrigen wäre auch bereits das erste, wesentliche Kriterium der VDI 2077, nämlich ein Verbrauchswärmeanteil von < 34% nicht erfüllt, da der Anteil der erfassten Verbrauchswärme bei ca. 65% liegt. Damit liegt zwar ein hoher Wärmeverlust in der Immobilie vor, jedoch nicht ein solcher, welcher die abweichende Bestimmung des erfassten Verbrauchs nach den anerkannten Regeln der Technik gemäß § 7 Abs. 1 S. 3 HeizKVO rechtfertigt. Da vorliegend auch nicht weniger, sondern deutlich mehr als 20% der abgegebenen Wärme von den Verbrauchserfassungsgeräten erfasst wird (vgl. AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 15. März 2016 - 980a C 29/13 WEG; München, Urteil vom 19.12.2013 - 36 S 12255/12, Rn. 9 -m.w.N.), kommt auch eine Korrektur aufgrund Treuwidrigkeit unter Billigkeitsgesichtspunkten nicht in Betracht. Die Heizkostenabrechnung entspricht somit im Ergebnis den Vorgaben der HeizKVO und der Teilungserklärung und damit ordnungsgemäßer Verwaltung.
§ 7 HeizkostenV Verteilung der Kosten der Versorgung mit Wärme

„(1) Von den Kosten des Betriebs der zentralen Heizungsanlage sind mindestens 50 vom Hundert, höchstens 70 vom Hundert nach dem erfassten Wärmeverbrauch der Nutzer zu verteilen. In Gebäuden, die das Anforderungsniveau der Wärmeschutzverordnung vom 16. August 1994 (BGBl. I S. 2121) nicht erfüllen, die mit einer Öl- oder Gasheizung versorgt werden und in denen die freiliegenden Leitungen der Wärmeverteilung überwiegend gedämmt sind, sind von den Kosten des Betriebs der zentralen Heizungsanlage 70 vom Hundert nach dem erfassten Wärmeverbrauch der Nutzer zu verteilen. In Gebäuden, in denen die freiliegenden Leitungen der Wärmeverteilung überwiegend ungedämmt sind und deswegen ein wesentlicher Anteil des Wärmeverbrauchs nicht erfasst wird, kann der Wärmeverbrauch der Nutzer nach anerkannten Regeln der Technik bestimmt werden. Der so bestimmte Verbrauch der einzelnen Nutzer wird als erfasster Wärmeverbrauch nach Satz 1 berücksichtigt. Die übrigen Kosten sind nach der Wohn- oder Nutzfläche oder nach dem umbauten Raum zu verteilen; es kann auch die Wohn- oder Nutzfläche oder der umbaute Raum der beheizten Räume zu Grunde gelegt werden.
(2) Zu den Kosten des Betriebs der zentralen Heizungsanlage einschließlich der Abgasanlage gehören die Kosten der verbrauchten Brennstoffe und ihrer Lieferung, die Kosten des Betriebsstromes, die Kosten der Bedienung, Überwachung und Pflege der Anlage, der regelmäßigen Prüfung ihrer Betriebsbereitschaft und Betriebssicherheit einschließlich der Einstellung durch eine Fachkraft, der Reinigung der Anlage und des Betriebsraumes, die Kosten der Messungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz, die Kosten der Anmietung oder anderer Arten der Gebrauchsüberlassung einer Ausstattung zur Verbrauchserfassung sowie die Kosten der Verwendung einer Ausstattung zur Verbrauchserfassung einschließlich der Kosten der Eichung sowie der Kosten der Berechnung, Aufteilung und Verbrauchsanalyse. Die Verbrauchsanalyse sollte insbesondere die Entwicklung der Kosten für die Heizwärme- und Warmwasserversorgung der vergangenen drei Jahre wiedergeben.
(3) Für die Verteilung der Kosten der Wärmelieferung gilt Absatz 1 entsprechend.
(4) Zu den Kosten der Wärmelieferung gehören das Entgelt für die Wärmelieferung und die Kosten des Betriebs der zugehörigen Hausanlagen entsprechend Absatz 2.“

Quelle: IMRRS 2018, 1375 Entscheidung im Volltext

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