Verteilung von unberechtigten Ausgaben in der Jahresabrechnung

Soweit jedoch berechtigte Zweifel an der gesonderten Kostentragungspflicht einzelner Miteigentümer bestehen, weil die Zuordnung der Ausgaben unklar ist. Können Ausgaben, die möglicherweise keine gemeinschaftlichen Kosten darstellen, nach dem allgemeinen Verteilungsschlüssel dennoch umgelegt werden.

So das LG Hamburg, Urteil vom 13.09.2017 – 318 S 66/16

Sachverhalt

Am Garten einer Wohnungseigentümergemeinschaft bestehen teilweise Sondernutzungsrechte einzelner Wohnungseigentümer. Die für die Gemeinschaft maßgebliche Teilungserklärung regelt, dass der jeweilige Wohnungseigentümer die ihm zur Sondernutzung zugewiesene Grundstücksfläche instand zu halten und instand zu setzen sowie die Kosten hierfür zu tragen hat. Der Verwalter der Wohnungseigentümeranlage beauftragte einen Gärtner mit der Pflege des gesamten Gartens, also auch mit Arbeiten, hier Schnitt einer Eibenhecke, auf den Sondernutzungsflächen.
Die hierfür aufgewendeten Kosten nahm er in die Jahresabrechnung auf und verteilte sie insgesamt nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel. Eine Differenzierung nach Kosten für Arbeiten auf den Sondernutzungsflächen und für Arbeiten auf den Allgemeinflächen erfolgte nicht. Wegen des Beschlusses, mit welchem die Jahresabrechnung genehmigt wurde, erhob eine Wohnungseigentümerin hinsichtlich der Position Gartenpflegekosten Beschlussanfechtungsklage. Sie ist der Auffassung, dass die Jahresabrechnung nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, weil die Kosten, die für den Schnitt der Eibenhecken auf den Sondernutzungsflächen angefallen sind, gemäß Teilungserklärung von den jeweiligen Sondernutzungsberechtigten zu tragen sind. Das zuständige Amtsgericht gab der Klägerin Recht und erklärte den Genehmigungsbeschluss insoweit für ungültig, woraufhin ein Teil der übrigen Wohnungseigentümer Berufung einlegte.

Entscheidung

Mit Erfolg! Das Landgericht hob das Urteil auf und wies die Klage ab.

„Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Amtsgericht der Klage stattgegeben. Zwar obliegt dem jeweiligen Wohnungseigentümer gemäß der Regelungen in der Teilungserklärung die Pflege der ihm zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenfläche einschließlich der sich auf dieser Fläche befindlichen Eibenhecke. Dieser hat auch die dafür anfallenden Kosten zu tragen (dazu unter 2.1.). Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts widerspricht es jedoch vorliegend nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, die Kosten der Gartenpflege in den Einzelabrechnungen nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel umzulegen.“

„Der Beschluss über die Genehmigung der Jahreseinzelabrechnung widerspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Kosten der Gartenpflege als Ausgaben der Gemeinschaft in die Jahresabrechnung eingestellt und in den jeweiligen Einzelabrechnungen den einzelnen Wohnungseigentümern entsprechend dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel auferlegt wurden.
Wie dargelegt, obliegt dem jeweiligen Wohnungseigentümer die Pflege der ihm zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenfläche einschließlich der sich auf dieser Fläche befindlichen Eibenhecke. Der Verwalter hat mit der Beauftragung der Firma L. zur Vornahme der Pflege auch dieser Gartenflächen mithin Ausgaben getätigt, die jedenfalls insoweit nicht zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gehören. Solche unberechtigten Ausgaben sind in die Jahresabrechnung aufzunehmen (BGH, Urteil vom 04.03.2011 – V ZR 156/10). Hat der Verwalter unberechtigte Ausgaben getätigt, die Sondereigentum oder Sondernutzungsflächen betreffen, können diese sodann in den Einzelabrechnungen auf die Wohnungseigentümer umgelegt werden, deren Sondereigentum bzw. Sondernutzungsfläche betroffen ist, wenn die Zuordnung der Ausgaben unzweifelhaft ist (Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Auflage, § 28 Rn. 67, m.w.N.). Ist die Umlage der Ausgaben auf einzelne Wohnungseigentümer hingegen zweifelhaft, entspricht es ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn diese Kosten in ihrer Gesamtheit nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel verteilt werden, anstatt die jeweils betroffenen Wohnungseigentümer hiermit im Wege der Einzelabrechnung zu belasten. Denn die Einzelabrechnung ist nach ihren Rechtswirkungen und ihrer Funktion für die Gemeinschaft nicht geeignet, das Bestehen von Erstattungs- oder Schadensersatzansprüchen gegen einzelne Miteigentümer zu klären. Jedenfalls wenn berechtigte Zweifel an der gesonderten Kostentragungspflicht einzelner Miteigentümer bestehen, ist es nicht zu beanstanden, wenn tatsächliche Ausgaben der Gemeinschaft, die möglicherweise keine gemeinschaftlichen Kosten darstellen, im Rahmen der Einzelabrechnungen nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel umgelegt werden (OLG Hamm, Beschluss vom 22.02.2007 – 15 W 322/06). Dies gilt umso mehr, als durch die Beschlussfassung über die Jahresabrechnung die Rechtsstellung der Gemeinschaft gegenüber möglichen Regressschuldnern nicht beeinträchtigt wird (BGH, a.a.O.). Vorliegend ist vollkommen unklar, welche von der Firma L. in Rechnung gestellten Gartenpflegearbeiten (vgl. Anlagenkonvolut K 2) sich auf das Gemeinschaftseigentum beziehen und welche auf die zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenflächen. In den Rechnungen befindet sich keinerlei örtliche Differenzierung der vorgenommenen Arbeiten. Ob und in welcher Höhe die streitgegenständlichen Gartenpflegekosten auf diejenigen Wohnungseigentümer umgelegt werden können, denen eine Gartenfläche zur Sondernutzung zugewiesen wurde, ist mithin unklar.“
so das Landgericht

vorhergehend:
AG Hamburg, 22.04.2016 – 102d C 121/13

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

  • § 16 Nutzungen, Lasten und Kosten

(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile.

(2) Jeder Wohnungseigentümer ist den anderen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen.

(3) Die Wohnungseigentümer können abweichend von Absatz 2 durch Stimmenmehrheit beschließen, dass die Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums im Sinne des § 556 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, die nicht unmittelbar gegenüber Dritten abgerechnet werden, und die Kosten der Verwaltung nach Verbrauch oder Verursachung erfasst und nach diesem oder nach einem anderen Maßstab verteilt werden, soweit dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.

(4) Die Wohnungseigentümer können im Einzelfall zur Instandhaltung oder Instandsetzung im Sinne des § 21 Abs. 5 Nr. 2 oder zu baulichen Veränderungen oder Aufwendungen im Sinne des § 22 Abs. 1 und 2 durch Beschluss die Kostenverteilung abweichend von Absatz 2 regeln, wenn der abweichende Maßstab dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch die Wohnungseigentümer Rechnung trägt. Der Beschluss zur Regelung der Kostenverteilung nach Satz 1 bedarf einer Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer im Sinne des § 25 Abs. 2 und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile.

(5) Die Befugnisse im Sinne der Absätze 3 und 4 können durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

(6) Ein Wohnungseigentümer, der einer Maßnahme nach § 22 Abs. 1 nicht zugestimmt hat, ist nicht berechtigt, einen Anteil an Nutzungen, die auf einer solchen Maßnahme beruhen, zu beanspruchen; er ist nicht verpflichtet, Kosten, die durch eine solche Maßnahme verursacht sind, zu tragen. Satz 1 ist bei einer Kostenverteilung gemäß Absatz 4 nicht anzuwenden.

(7) Zu den Kosten der Verwaltung im Sinne des Absatzes 2 gehören insbesondere Kosten eines Rechtsstreits gemäß § 18 und der Ersatz des Schadens im Falle des § 14 Nr. 4.

(8) Kosten eines Rechtsstreits gemäß § 43 gehören nur dann zu den Kosten der Verwaltung im Sinne des Absatzes 2, wenn es sich um Mehrkosten gegenüber der gesetzlichen Vergütung eines Rechtsanwalts aufgrund einer Vereinbarung über die Vergütung (§ 27 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Nr. 6) handelt.

  • § 28 Wirtschaftsplan, Rechnungslegung

(1) Der Verwalter hat jeweils für ein Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan aufzustellen. Der Wirtschaftsplan enthält:

1. die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums;

2. die anteilmäßige Verpflichtung der Wohnungseigentümer zur Lasten- und Kostentragung;

3. die Beitragsleistung der Wohnungseigentümer zu der in § 21 Abs. 5 Nr. 4 vorgesehenen Instandhaltungsrückstellung.

(2) Die Wohnungseigentümer sind verpflichtet, nach Abruf durch den Verwalter dem beschlossenen Wirtschaftsplan entsprechende Vorschüsse zu leisten.

(3) Der Verwalter hat nach Ablauf des Kalenderjahres eine Abrechnung aufzustellen.

(4) Die Wohnungseigentümer können durch Mehrheitsbeschluß jederzeit von dem Verwalter Rechnungslegung verlangen.

(5) Über den Wirtschaftsplan, die Abrechnung und die Rechnungslegung des Verwalters beschließen die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit.

Quelle: IMRRS 2018, 0161Entscheidung im Volltext

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